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Gemeinde Kall

„Jetzt ist die Zeit, etwas zu tun!“

In Dottel entstehen Dorfbiotope zum Schutz der Artenvielfalt – Wildpflanzen mit Schildchen benennen, um Akzeptanz für „Unkraut“ zu schaffen – Selbstversorgermarkt im Frühsommer geplant

Erster Schritt, um mehr Bewusstsein für Wildpflanzen zu schaffen: Friede Röcher, Vorsitzende im Bürgerverein Dottel, verteilt Schildchen mit den Namen der Wildpflanzen im Ort.

Kall-Dottel - An der Kirche im Dotteler Ortskern startet der Rundgang mit Friede Röcher, Vorsitzende des Bürgervereins, zu den bestehenden und künftigen Dorfbiotopen. Am Hang unterhalb der Kirche steckt sie die ersten Holzschildchen in die Wiese: Frühlingsfingerkraut und Schafgarbe wachsen dort, im Sonnenschein tummeln sich die ersten Hummeln und Feuerwanzen im Grün. „Wir müssen wieder einen Blick für die Naturräume und die vorhandene Artenvielfalt vor unserer Haustür bekommen“, sagt Friede Röcher.

Seit die Biologische Station im Kreis Euskirchen vor einiger Zeit das LEADER-Projekt „DorfBio Top!“ vorgestellt hat, wird in Dottel diskutiert, was man verändern möchte, um Artenvielfalt im Dorf zu erhalten, Lebensräume für gefährdete Tiere und Pflanzen zu schaffen. „Im Bürgerverein ist es uns wichtig, selbstverwaltende Projekte zu initiieren und zu ermöglichen“, erklärt Friede Röcher. Ziel sei es, ein Netzwerk im Ort zu schaffen, das Bewusstsein der Bewohner für die heimische Natur zu stärken und schließlich gemeinsam die Grünflächen im Ort zu gestalten.

Dies korrespondiert auch mit dem im vergangenen Jahr erneuerten Grünflächenkonzept für den Kaller Bauhof. Extensive Pflege ist das Schlüsselwort: Flächen ruhen lassen zur natürlichen Selbstentfaltung, Bepflanzung mit pflegearmen Blühpflanzen, Umwandlung von Wiesenflächen in Blumenwiesen oder Totholzflächen mit Steinhaufen.

Was viele auf den ersten Blick wohl als ungepflegte Unkrautwucherung betrachten, kann Lebensraum und Nahrungsquelle für zahlreiche Kleinlebewesen sein.

Wildpflanzen oder „Unkraut“?

Dazu braucht es allerdings auch eine entsprechende Akzeptanz in der Bevölkerung, denn Grünflächen voller „Unkraut“ sorgen auf den ersten Blick vielfach für Kopfschütteln. „Dann suchen wir das Gespräch“, erzählt Friede Röcher, denn die Wildpflanzen seien ein unverzichtbarer Bestandteil der natürlichen Nahrungsketten – und könnten nicht einfach durch ein paar Insektenhotels ersetzt werden.

Auf der Wiese am Dotteler Friedhof soll demnächst in Zusammenarbeit mit dem Kaller Bauhof eine Blühwiese geschaffen werden.

So soll demnächst die große Wiesenfläche vor dem Dotteler Friedhof in eine Blühwiese für Insekten verwandelt werden. Eine mehrjährige Mischung heimischer Wildpflanzen soll dort für einen bunten Blütenteppich und gleichzeitig reichlich Nahrung für die Kleinlebewesen sorgen. „Mein Vorschlag wären unter anderem Korn- und Mohnblumen, die für unsere Landschaft typisch sind“, so Friede Röcher.

Die Bürgervereinsvorsitzende ist auch Teil der Grünkolonne in Dottel, die unter anderem die Rabatten am Bürgerhaus pflegt. Dort summt und brummt es im Sommer, denn die Rabatten sind mit zahlreichen insektenfreundlichen Pflanzen bestückt: Storchenschnabel, Lungenkraut, Berg-Flockenblume, Lavendel und Herzgespann wachsen dort und dienen Bienen und anderen Insekten vom Frühjahr bis in die späten Sommermonate als Nahrungsquelle.

Melanie von Danwitz (links) bekommt von Friede Röcher ein Schildchen für ihre Kräuterspirale, in der zahlreiche Küchenkräuter wie Salbei, Liebstöckel und Schnittlauch zwischen bienenfreundlichen Blühpflanzen wachsen.

Kräuter für die Küche

Auch im eigenen Garten sind viele Dotteler schon aktiv geworden. Melanie von Danwitz hat in ihrem Vorgarten eine große Kräuterspirale gebaut. Eine Vielzahl von Küchenkräutern wie Salbei, Oregano, Kerbel, Liebstöckel und Rosmarin wechselt sich dort ab mit insektenfreundlichen Blühpflanzen. Die Idee zu der Kräuterspirale brachte ursprünglich ihr Sohn aus der Schule mit. „Es macht wirklich Spaß, aus der Küche in den Garten zu gehen und sich dort zusammenzuschnippeln, was man gerade zum Kochen braucht“, freut sich Melanie von Danwitz und ergänzt: „Außerdem schmeckt es viel besser, wenn man mehr Kräuter und weniger Salz beim Kochen braucht.“

Ratschläge für die Bepflanzung holt sich die Dottelerin gerne bei älteren Dorfbewohnern. Auch von Friede Röcher hat sie schon einige Pflanzenableger bekommen, denn diese hat zusammen mit ihrem Mann Uli Meisen ein eigenes Biotop mit 125 Heilpflanzen im Garten. „Es ist erstaunlich, wie die Zahl und die Artenvielfalt der Insekten in unserem Garten über die Jahre mit der Vielfalt der Pflanzen zugenommen hat“, erklärt der Hobby-Botaniker Uli Meisen. Im vergangenen Jahr zählte er rund 30 verschiedene Arten von Fliegen und Bienen im eigenen Garten.

Während das Lungenkraut schon im Frühjahr blüht und Insekten Nahrung bietet, können spät blühende Pflanzen wie das Herzgespann die Tiere noch bis in den Spätsommer versorgen.

Der Austausch von Pflanzen hat in Dottel Schule gemacht. Im Frühsommer soll zum dritten Mal der Selbstversorgermarkt im Ort abgehalten werden, wo dorfeigenen Backwaren, Eier und Honig verkauft sowie überschüssige Jungpflanzen aus den Nachbargärten weitergegeben werden sollen. „Mit der Corona-Pandemie hat die Selbstversorgung einen neuen Wert für die Menschen bekommen. In unserem Ort hat sich seitdem die Zahl der Haushalte, die ihr eigenes Gemüse anbauen, mehr als verdoppelt“, weiß Friede Röcher und fügt hinzu: „Es ist spürbar, wie das Bewusstsein für Biodiversität und Naturschutz wächst – jetzt ist die Zeit, etwas zu tun!“

Weitere Infos gibt es unter  www.buergervereindottel.wordpress.com (Öffnet in einem neuen Tab).

pp/Agentur ProfiPress

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  • Steffi Tucholke/pp/Agentur ProfiPress
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