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Gemeinde Kall

Das Kaller Hallenbad

Über den aktuellen Stand der Dinge in Sachen Hallenbad berichten Bürgermeister Hermann-Josef Esser und Projektleiter Christoph Graf.

Über den aktuellen Stand in Sachen Hallenbad berichten Bürgermeister Hermann-Josef Esser (l.) und Christoph Graf, Projektleiter und stellvertretender Teamleiter Bauen.

Rund um das Kaller Hallenbad gab und gibt es viele Diskussionen. Im Interview berichten Bürgermeister Hermann-Josef Esser und Christoph Graf, Projektleiter und stellevertretender Teamleiter Bauen, über den aktuellen Stand der Dinge.

Die Kaller Politik hat sich bereits mehrfach mit dem Kaller Hallenbad beschäftigt. Wie ist die aktuelle Beschlusslage?

Esser: Bereits im November 2021 wurde im Entwicklungsausschuss beschlossen, dass das Hallenbad am aktuellen Standort neu aufgebaut werden soll. Das möchten wir nun schnellstmöglich umsetzen. Diesbezüglich gilt mein Dank besonders auch den Fraktionen von CDU und SPD, die immer wieder darauf drängen, dass es an dieser Stelle zügig weitergehen soll. 

Immer wieder taucht die Frage auf, ob das Hallenbad im Wiederaufbauplan vergessen wurde. Ist dem so?

Graf: Nein. Selbstverständlich haben wir das Hallenbad im Wiederaufbauplan berücksichtigt, veranschlagt wurden dafür 5,5 Mio. Euro.

Warum ist dann immer noch nichts passiert? Priorisieren Sie das Hallenbad nachrangig, etwa nach Grundschule und Rathaus?

Esser: Der Wiederaufbau des Hallenbads hat für uns eine hohe Priorität, auf den Zeitplan gehen wir gleich gerne noch ein. Auf die Grundschule bezogen haben wir allerdings alle das vorrangige Ziel, dass die Schülerinnen und Schüler so schnell wie möglich wieder aus den Containermodulen in ordentliche Klassenräume umziehen können. 

Graf: Und die energetische Sanierung des Rathauses im Rahmen des Förderprojektes Sonne.Klima.Kall war bereits vor der Flut geplant. Da gilt es, die an die Förderung gebundenen Fristen zu wahren, im Frühjahr 2024 müssen wir fertig sein. Daran sind wir übrigens bzgl. des Hallenbads gescheitert.

Die Technik im Kaller Hallenbad wurde durch die Flut zerstört.

Was meinen Sie damit?

Graf: Auch das Hallenbad sollte ja ursprünglich über das Förderprojekt Sonne.Klima.Kall saniert werden. Nach der Flut, die die komplette Technik dort zerstört hat, haben wir dann bei der Bezirksregierung Köln versucht, eine Verlängerung der Frist für die Sanierung des Hallenbads zu erwirken. Die konnte aber, da es sich um EU-Fördermittel mit den entsprechenden Vorgaben handelt, in nur so engem Rahmen gewährt werden, dass der Wiederaufbau in dieser Zeit nicht möglich ist – insbesondere auch aufgrund bürokratischer Vorgaben. Wir hätten die komplette Sanierung bis Ende 2023 stemmen müssen – und das trotz langwieriger Vergabeverfahren, Engpässen bei der Materialbeschaffung und Mangel an Fachfirmen. Das ist einfach nicht zu schaffen. Also mussten wir das Hallenbad aus dem Förderprogramm Sonne.Klima.Kall herausnehmen. 

Trotz Beschluss zum Wiederaufbau am alten Standort reißen die Diskussionen nicht ab. Um welche möglichen Alternativen geht es dabei?

Esser: Neben dem Wiederaufbau am alten Standort gibt es die Vorschläge, an einem anderen Standort entweder ein ähnlich großes Hallenbad oder ein deutlich kleineres, reines Lehrschwimmbecken zu bauen. 

Was spricht für die von der Politik beschlossene erste Variante?

Graf: Zunächst einmal ist der Wiederaufbau am selben Standort deutlich kostengünstiger als ein Neubau an anderer Stelle, das haben wir bereits berechnen lassen. 

Esser: Den Anwohnern am Hallenbad, die dort in Urftnähe ihre Wohnhäuser wiederaufgebaut haben, gilt mein größter Respekt. Es gibt sogar einige Neubauten.

Mit dem Wiederaufbau des Hallenbads dort am Standort kann die Gemeinde auch ein Zeichen setzen. Nämlich dafür, dass es gelingen kann, Wohnobjekte und andere Liegenschaften künftig mit dem nötigen Objektschutz zu versehen. Das bedeutet auch, dass wir sehr zuversichtlich sind, dass die Maßnahmen des interkommunalen Hochwasserschutzkonzeptes von der Quelle der Urft bis hin zu den Ortslagen Urft, Sötenich und Kall ein hohes Schutzniveau gewährleisten werden. 

Wie soll der Wiederaufbau am alten Standort aussehen?

Graf: Aufgrund der Erfahrungen mit der Flut soll die Technik, die sich bisher im Keller befand, in einem höher gelegenen Anbau untergebracht werden. 

Wäre das alternativ vorgeschlagene reine Lehrschwimmbecken (an einem neuen Standort) nicht vielleicht auch ausreichend?

Esser: Diese Minimalvariante würde möglicherweise weniger kosten. Aber es spricht auch einiges dagegen. Es wäre eine Reduktion auf das absolut Notwendigste, also auf das Anfängerschwimmen für Grundschulkinder. Darüber, dass das gewährleistet sein muss, herrscht Einigkeit. Aber was ist etwa mit Kursen für fortgeschrittene Kinder und Jugendliche, für erwachsene Schwimmanfänger? Für die Ausbildung von Rettungsschwimmern ist mindestens eine Beckentiefe von drei und Länge von 25 Metern erforderlich, wie auch aus einer Stellungnahme des DLRG klar hervorgeht. Das wäre in einem kleinen Lehrschwimmbecken nicht möglich. Auch die allgemeinen Öffnungszeiten, die besonders Senioren gerne nutzen, die geschützten Angebote für muslimische Frauen, Gesundheitskurse und vieles mehr wären außen vor. Das alles stellt meiner Meinung nach die Sinnhaftigkeit dieser Variante sehr in Frage. 

Eine echte Alternative bestünde also nur mit dem Neubau an anderer Stelle inklusive Abriss des alten Gebäudes?

Graf: Ja. Allerdings würde ein Neubau mit rund sieben Mio. Euro definitiv teurer sein, das haben wir bereits berechnen lassen. Und das sind Kostenschätzungen aus dem Jahr 2021, die heute sicher deutlich nach oben zu korrigieren sind. Und: Der Wiederaufbau des Hallenbads am alten Standort wurde im Wiederaufbauplan mit 5,5 Mio. Euro eingeplant. Ob diese Mittel auch für einen Neubau an anderer Stelle genehmigt würden, wissen wir nicht. 

Esser: Hinzu kommt, dass die Gemeinde über kein passendes ebenerdiges Grundstück im Ortskern verfügt. Vorgeschlagen wurde die Fläche neben der neuen Grundschule, auf der momentan die Containermodule stehen. Dafür aber wurde von Schulleitung und Elternpflegschaft bereits Bedarf angemeldet, um das Außengelände der Grundschule zu erweitern.

Wie geht es nun weiter?

Graf: Aufgrund der Kostensteigerung, die durch die Flutschäden hervorgerufen wurde, wäre auch das Honorar des bereits beauftragten Planungsbüros proportional gestiegen. Da hier eine Wertgrenze überschritten wurde, musste das Büro gekündigt werden, um den Auftrag erneut auszuschreiben. Wir stehen nun vor einem erneuten, europaweiten Ausschreibungsverfahren -  was leider schnell mal sechs Monate dauert. 

Warum so lange?

Graf: Ein solches, im Fachjargon „Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb“ genanntes Verfahrens, gliedert sich in zwei Stufen. Im ersten Schritt, der ungefähr drei Monate dauert, fordert der öffentliche Auftraggeber im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs eine unbeschränkte Anzahl von Planungsbüros öffentlich zur Abgabe von Teilnahmeanträgen auf. Aus diesen Teilnahmeanträgen werden gemäß einer zuvor bekanntgegebenen Eignungsmatrix fünf Büros ausgewählt, die nun im zweiten Schritt ein Erstangebot abgeben können. Im Rahmen einer persönlichen Vorstellung der Büros im Rathaus macht sich ein Gremium von Gemeindeangestellten ein Bild und wählt anhand einer Zuschlagsmatrix den Favoriten. Insgesamt dauert dieser zweite Schritt noch mal knapp drei Monate. Schlussendlich muss dann die Politik beschließen, den Auftrag zu vergeben.

Wie stehen Sie zu diesem Verfahren?

Graf: Logischer wäre eigentlich eine Auftragserweiterung für das bereits beauftragte Büro gewesen. Dies war aber aufgrund der oben erwähnten Vergabegrundsätze nicht möglich.

Übrigens, sollte die EU mit der aktuellen Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland Erfolg haben, müssen nach aktuellen Schätzungen nicht nur wenige größere Vorhaben wie das Hallenbad, sondern bis zu 90 Prozent aller Ausschreibungen zur Findung eines Architekturbüros, eines Fachplaners, Statikers, etc. europaweit ausgeschrieben werden. Absoluter Bürokratismus.

Esser: Als Kommune vor Ort sind wir das letzte Glied in der Bürokratiekette – leider sind auch die Flutkommunen nicht vom Vergaberecht, das ja eigentlich auch seinen Sinn hat, befreit. Das ist ein Problem und verzögert viele Wiederaufbauprojekte. 

Was geschieht, wenn ein Planungsbüro den Zuschlag erhalten hat?

Graf: Die Planer bekommen den Auftrag, zunächst auch die Varianten am andere Standort mit zu prüfen, und die konkreten Kosten zu ermitteln. Basisvariante aber ist der Wiederaufbau am alten Standort. Dann hoffen wir, dass es schnellstmöglich an die Umsetzung geht.

(Das Interview führte Alice Gempfer)

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  • Alice Gempfer / Gemeinde Kall
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