Kall – Nur ein halbes Jahr lang war es den Schülerinnen und Schülern der Gemeinschaftsgrundschule Kall vergönnt, ihr schönes kernsaniertes neues Schulgebäude zu genießen. Kaum hatten die 264 jungen Leute sowie ihre Lehrerinnen und Lehrer sich am neuen Standort in der ehemaligen Hauptschule der Gemeinde eingelebt, da kam in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli die Flut, die auch vor der Grundschule nicht haltmachte. „Der komplette Schulkeller ist voll Wasser gelaufen, Technik, wie Heizungsanlage, EDV, Brandmeldeanlagen – alles wurde zerstört“, erinnerte sich jetzt Lothar Schatten von der Gemeinde Kall, der für den Wiederaufbau der Schule zuständig ist. Im Erdgeschoss habe das Wasser bis zu zehn Zentimeter hoch gestanden, sei unter den Estrich gelaufen und teilweise in die Wände eingedrungen. „Die Mineraldämmung unter dem Fußboden saugte sich voll, da half nur noch, den Fußboden komplett herauszunehmen“, so Schatten.
Für die Gemeinde Kall sei schnell klar gewesen, dass die Renovierungsarbeiten mit starker Schmutz- und Lärmbelastung einhergehen würden und Kindern und Lehrern dies nicht zugemutet werden könne. „Wir haben direkt nach der Flut mit der Schimmelbekämpfung begonnen, haben Proben aus dem Fußbodenaufbau und aus der Luft entnommen. Ein Baubiologe gab uns schließlich grünes Licht und sagte, dass derzeit keine Bedenken für eine Nutzung des Obergeschosses zu Unterrichtszwecken bestehe, doch wir haben uns schließlich anders entschieden“, berichtete Lothar Schatten. Zwar seien nach den Sommerferien alle Klassen zunächst noch im Obergeschoss der Schule untergebracht gewesen, doch in den Herbstferien sei man dann in eine angemietete Containeranlage umgezogen. Im fernen München seien kurzfristig 80 Mobilraumelemente frei geworden, welche nach Kall umgesetzt worden sind.
Die Gemeinde Kall war eine der ersten Kommunen, die den Bedarf für Module bereits wenige Tage nach der Flut beim Ministerium angemeldet hat. Durch dieses schnelle Handeln konnten kurzfristig Container organisiert werden, die dann bereits im September auf dem Schulhof aufgebaut wurden.
„Unsere Kinder waren ziemlich aus dem Häuschen, als sie erfuhren, der Unterricht finde jetzt in Containern statt“, erzählte die Leiterin der Offenen Ganztagsschule (Ogata) Ursula Möres und lachte. Der Begriff „Container“ würde den neuen Räumlichkeiten aber auch nicht ansatzweise gerecht. Jede Einheit verfüge über Wärmeglasfenster, Elektrokonvektoren und Schallschutzelemente. Letztere hängen unter der Decke und sind teilweise mit Naturmotiven bemalt. Und bei den zweigeschossigen Einheiten führen sogar zwei Natursteintreppen von einer Etage in die andere. Auch die digitalen Tafeln sind mit umgezogen und es gibt in allen Räumen W-LAN.
„Fast alle, die uns besuchen, sind verwundert über das Innenleben dieser Mobilraumelemente“, so Möres. Dem konnte Lothar Schatten nur zustimmen: „Die jungen Leute betonen fast durch die Bank, dass die mobilen Elemente innen viel schöner sind, als man denkt.“ Und Lothar Schatten weiß, worüber er spricht, denn als Fußballtrainer kennt er zahlreiche „Containerbewohner“ persönlich.
Bereits in der zweiten Herbstferienwoche sei die mobile Schule startklar gewesen. Nachdem man dann noch weitere 16 Mobilraumelemente aus Sistig, die dort nicht mehr benötigt wurden, in Kall aufgebaut habe, sei dies für alle ein echter Segen gewesen. „Wir hatten jetzt deutlich mehr Platz, konnten neben den 13 Räumen für 13 Klassen auch zwei Speiseräume einrichten, Flurnischen zu Differenzierungsräumen umgestalten und einen sozialen Auszeitraum einrichten“, freute sich Schulleiterin Marianne Rütt. „Kurz und gut, ich bin zufrieden“, sagte sie. Am Anfang habe sie Bedenken gehabt, ob man den besonderen Herausforderungen einer Grundschule mit GL (gemeinsames Lernen) unter diesen Bedingungen noch gerecht werden könne. Doch mittlerweile müsse sie konstatieren: „Es ist recht beengt, aber wir können unsere pädagogischen Konzepte umsetzen.
Allerdings müssen sowohl der Schulunterricht als auch das Angebot der Ogata in denselben Klassenräumen stattfinden. „Das ist für uns vor allem eine logistische Herausforderung“, berichtete Ogata-Leiterin Möres. Damit man sich dabei nicht gegenseitig ins Gehege komme, habe Konrektorin Claudia Zens einen Raumplan erstellt, der zu festgelegten Zeiten die unterschiedlichsten Nutzungen der Räume ermögliche. Die derzeitige Situation erfordere nicht zuletzt Disziplin von allen Seiten.
Nach langer, zunächst coronabedingter und anschließend hochwasserbedingter Pause wird seit Ende der Herbstferien nun auch wieder ein warmes Mittagessen für die Schülerinnen und Schüler angeboten. Das Essen wird derzeit von einem Dienstleister bezogen. Dem Förderverein, der üblicherweise die Mittagsverpflegung übernimmt, ist dies momentan aufgrund fehlender Küchenräumlichkeiten und beschädigter Einrichtung nicht möglich. „Wir sind froh, wieder warmes Mittagessen anbieten zu können, das ist insbesondere an langen Schultagen wichtig für die Kinder“, sagt Ursula Möres.
Glück im Unglück hatten die Schulkinder mit ihrem neuen Spielplatz. Den Spielgeräten konnte die Flut nichts anhaben. Auch die Turnhalle am neuen Standort kam einigermaßen glimpflich davon. Nicht zuletzt, weil Hausmeister Guido Wiesen und sein Team das Wasser schnell in den Griff bekamen. Die alte Turnhalle hingegen hat es ärger getroffen. Auch die Sportplätze auf der anderen Straßenseite sind komplett zerstört.
Not macht bekanntlich erfinderisch, und so nimmt das Lehrerteam gemeinsam mit Projektleiter Lothar Schatten fast täglich noch Verbesserungen an der aktuellen Schulsituation vor. „Nebenan ist der Estrich mittlerweile aufgestemmt, und wir machen uns derzeit viele Gedanken darüber, wie man die Schule in Zukunft besser gegen Hochwasser schützen kann“, so der Projektleiter.
Lothar Schatten rechnet mit gut einem Jahr Renovierungszeit. Dann heißt es für die Lehrerinnen und Lehrer sowie für das Helferteam rund um Guido Wiesen zum vierten Mal in knapp zwei Jahren die Koffer packen. Denn Anfang 2021 ging es von der alten Grundschule ins kernsanierte neue Gebäude. Dann kam die Flut, und man zog zunächst mit Sack und Pack ins Obergeschoss. Von dort dann in die Mobilraumelemente, bevor es schließlich in gut einem Jahr wieder zurückgehen soll ins Schulgebäude. „Wir sind in Sachen Umzug mittlerweile ein eingespieltes Team“, verriet Schulleiterin Rütt.
„Die Flutkatastrophe hat die Gemeinde Kall sehr hart getroffen“, erinnerte Bürgermeister Hermann-Josef Esser. „Wir mussten daher entscheiden, worum wir uns als erstes kümmern wollten“, so der Bürgermeister. Dabei seien sich Rat und Verwaltung rasch einig gewesen, dass die Schulen der Gemeinde ganz oben auf die Liste gehörten. „Uns war es wichtig, dass nach den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie der Schulunterricht nicht aufgrund der Flutkatastrophe erneut in Mitleidenschaft gezogen werden dürfe“, sagte Esser. „Aus diesem Grund haben wir uns, auch wenn die Kosten dafür beträchtlich sind, für die Mobilraumelemente entschieden. Nur so ist gewährleistet, dass unser Nachwuchs nicht durch die lärmintensiven Renovierungsarbeiten im Schulgebäude gestört wird.“ Allein, dass dies gelungen sei, dafür habe sich der Aufwand bereits gelohnt, so Bürgermeister Esser abschließend.
Eifeler Presse Agentur/epa