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Gemeinde Kall

Ein würdevolles Gedenken

„Kall sagt Danke“ - Am ersten Jahrestag der Flut erinnerte die Gemeinde an die Opfer der Katastrophe – Bürgermeister: „Der Wiederaufbau und die Heilung verletzter Seelen wird noch Jahre dauern“ – Landrat: „Mir zesamme, mir sin eins“

Der Kirchenchor St. Nikolaus unter der Leitung der Kantorin Holle Görtz gestaltete den gesanglichen Teil des Gedenk-Gottesdienstes.

Kall – „Wir werden nicht vergessen, was und wen wir verloren haben, und was wir durchleben mussten“, sagte Bürgermeister Hermann-Josef Esser bei einer eindrucksvollen Gedenkfeier der Gemeinde zum ersten Jahrestag der Fluttatstrophe, die in der Nacht zum 15. Juli 2021 über die Gemeinde Kall hereingebrochen war. Drei Gemeindebürger hatten in dieser verhängnisvollen Nacht ihr Leben verloren, zahlreichen Mitbürgern wurde durch das furchtbare Hochwasser sämtliches Hab und Gut genommen. 

Es sei kein Fest des Vergessens, so der Bürgermeister, denn die Hilfe müsse weitergehen. „Und das sie weitergeht, da bin ich mir sicher“, war Esser vom Fortbestand der großen Solidarität überzeugt, die den Betroffenen in den Tagen, Wochen und Monaten nach der Katastrophe zuteil geworden war. Dennoch: „Der Wiederaufbau, und vor allem die Heilung verletzter Seelen wird noch viele Jahre dauern, aber wir sind auf einem guten Weg“, blickte Esser optimistisch in die Zukunft.

Allen Rettern und Helfern gelte der große Dank der Gemeinde, so der Bürgermeister: „Fühlen Sie sich alle in diesen Dank eingeschlossen, egal, ob Sie einen Bagger oder Trecker gefahren, den Schutt von der Straße geschippt oder Essen und Trinken verteilt haben; egal, oder Sie im Hintergrund gewirkt haben, in dem Sie den Keller der Nachbarn vom Unrat befreit, Worte des Trostes unter Nachbarn und Freunden gespendet, beim Ausfüllen von Formularen geholfen, oder ob Sie Sachen oder Geld gespendet haben“.

Bürgermeister Hermann-Josef Esser (Mitte) bedankte sich bei Annika Boden und Wolfgang Glasmacher, die in bewegenden Worten ihre Erlebnisse der Flutnacht geschildert hatten.

Er dankte auch den Helfern, die von weit angereist seien, um den vom Hochwasser betroffenen Menschen in der Gemeinde zu helfen. Esser: „Es waren Menschen, denen man bis dahin nie begegnet war, denen man wahrscheinlich auch nie begegnet wäre, und die man jetzt Freunde nennt“.

Die Gedenkfeier „Ein Jahr danach – Kall sagt Danke“ fand zwei Tage lang auf dem stets mit Menschen gefüllten Bahnhofsvorplatz statt, der an diesem Dankes-Wochenende seine Feuertaufe als Veranstaltungsort mit Bravour bestand. Der Freitag, der Jahrestag der Flut,  stand im Zeichen des würdigen Gedenkens, während samstags der Dank an die vielen Helfer in den Mittelpunkt rückte. 

Ein ökumenischer Gottesdienst mit den Pfarrern Hajo Hellwig und Christoph Ude wurde gesanglich vom Kirchenchor St. Nikolaus unter Leitung der Kantorin Holle Görtz begleitet. Anschließend gab die Musikkapelle Kall unter der Leitung von Dirigent Peter Blum ein einstündiges Platzkonzert. 

Die Gedenkrede von Bürgermeister Hermann-Josef Esser verfolgten unter anderem auch der Bundestagsabgeordnete Detlef Seif, die Landtagsabgeordneten Klaus Voußem und Dr. Ralf Nolten sowie der Landrat Markus Ramers. Auch Angehörige der drei Kaller Mitbürger, die in der Flut ihr Leben ließen, waren bei der Gedenkfeier anwesend.  Ihre schlimmen und dramatischen Erlebnisse in der Flutnacht schilderten Annika Boden, die im Haus der Lebenshilfe wohnt, und Wolfgang Glasmacher, dessen Haus in der Uferstraße, in direkter Nähe des Urftbaches  liegt, und das durch die reißenden Wassermassen unbewohnbar wurde.

Ein Jahr nach der verhängnisvollen Flut fand auf dem neuen Bahnhofsvorplatz die zweitägige Gedenk- und Dankesfeier statt. An beiden Tagen kamen hunderte Besucher zu den Veranstaltungen.

In ihrer selbst verfassten Rede schilderte Annika Boden, wie die Wassermassen die unteren Wohnungen im Haus der Lebenshilfe überfluteten und sie von Betreuern in Sicherheit gebracht wurde. Annika: „Wir hatten alle Angst“. Ausdrücklich bedankte sich die junge Frau bei der Kaller Feuerwehr „dass sie uns den Keller ausgepumpt hat“. Und: „Ich möchte noch, dass wir an die toten Leute denken, die durch die Flut umgekommen sind“.


Bürgermeister Hermann-Josef Esser („Wir müssen uns auf andere Zeiten einstellen“) , der katholische Pfarrer Hajo Hellwig („Kall ist nicht mehr so wie es war“), der evangelische Amtsbruder Christoph Ude („Wir dürfen nicht weiter den Ast absägen, auf dem wir sitzen“) und auch Landrat Markus Ramers erinnerten an die Verletzlichkeit der Natur, die vor einem Jahr auf katastrophale Art und Weise sichtbar geworden  sei. 

Die Folgen des Klimawandels würden immer sichtbarer, mahnte Landrat Ramers. Es werde nie einen 100prozentgen Schutz geben, aber die ganze Gesellschaft  könne durch Umdenken dazu beitragen, die Situation zu verbessern. Die Flut habe  aber auch eine große Solidarität der Menschen deutlich gemacht. 

Die Kaller könnten stolz darauf sein, was sie in einem Jahr wieder aufgebaut hätten. Ramers: „Ich freue mich über jeden, der wieder in seinem Haus wohnen kann, und über jedes Geschäft, das wieder Leben in den Ort bringt“.   

Respekt zollte Markus Ramers der Kaller Gemeindeverwaltung, deren Rathaus durch die Flut teilweise zerstört worden war. Die Mitarbeiter hätten durch die fehlende Infrastruktur im Rathaus eine besonders schwierige Zeit zu bewältigen gehabt.  Aber, so der Landrat: „Durch Improvisation haben sie eine tolle Arbeit geleistet“. Seine Rede beendete der Landrat in Anlehnung an eine musikalische Botschaft der Kölner Band Kasalla: „Mir zesamme, mir sin eins“.  

Den musikalischen Abschluss der Gedenkfeier gestaltete der Sänger Stephan Brings mit seiner Schwester Maria. Die beiden bekamen Unterstützung von Reiner Peters an der Gitarre und dem Intendanten des Eifeler Musikfestes, Erik Arndt am Akkordeon.

(Reiner Züll)

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  • Reiner Züll
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