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Gemeinde Kall

Dem Piloten ewig dankbar

Vor 60 Jahren opferte Erik Edgar Bedarf für die Krekeler sein Leben, als er seinen abstürzenden Starfighter über das Dorf hinweg zog – Ortsvorsteher Hans Dieter Schäfer: „Es hätte damals viele Tote gegeben“ – Am 2. Oktober Gedenkfeier an Absturzstelle, wo ein Kreuz an den Helden erinnert

Heinz H. Naumann, damals Fotograf beim „Kölner Stadt-Anzeiger“, berichtete in Wort und Bild über den Absturz im Krekeler Wald.

Kall-Krekel - Am 3. September ist es nunmehr genau 60 Jahre her, als
die Krekeler nur deshalb einer schlimmen Katastrophe entgingen, weil der damals 26-jährige Starfighter-Pilot Erik-Edgar Bedarf sein Leben opferte, um zu verhindern, dass seine brennende F-104 in das Dorf stürzte. „Der Pilot opferte sich für Krekel“ berichtete der „Kölner Stadt-Anzeiger“ damals einen Tag nach dem tragischen Unglück.

Oberleutnant Erik-Edgar Bedarf, der heute 86 Jahre alt wäre, war an diesem Montagmittag erst mit dem Schleudersitz aus dem Flugzeug ausgestiegen, nachdem er es noch so gerade geschafft hatte, die F-104 über das Dorf hinweg zu steuern. Unmittelbar hinter einer Tankstelle stürzte der Starfighter damals direkt am Ortsrand in den Wald, wo er explodierte. Durch das späte Aussteigen konnte sich der Fallschirm des Piloten nicht mehr öffnen. Mit seinem Sitz schleuderte Bedarf im Wald gegen einen Baum. Der 26-Jährige war sofort tot.
Es war ein ganz normaler Übungsflug gewesen, zu dem der damals 26-jährige Pilot am Mittag des 3. September mit dem Starfighter vom Fliegerhorst Nörvenich gestartet war. Über Mechernich, so berichtete der „Kölner Stadt-Anzeiger“ damals, meldete der 26-Jährige dem Fliegerhorst Probleme mit seiner Maschine. Es waren Fahrwerkprobleme gewesen, wie die Untersuchungen der Luftfahrtexperten zur Absturzursache später ergaben.

Die F-104 mit der Kennung DA-116 war, eine schwarze Rauchfahne hinter sich herziehend und stark an Höhe verlierend, auf Krekel zugeflogen. Oberleutnant Bedarf traf eine Entscheidung, die ihm das Leben kostete: Statt das Flugzeug frühzeitig mit dem Schleudersitz zu verlassen, schaffte es der junge Pilot, die F-104 noch so gerade über die Tankstelle neben der Bundesstraße hinweg zu ziehen und damit die Katastrophe zu verhindern.

Nach dem Absturz war sofort klar gewesen, dass der 26-jährige
Offizier sein Leben für viele Menschen geopfert hatte. Und das haben ihm die Krekeler Einwohner bis heute nicht vergessen. Schon wenige Wochen nach dem Absturz stellten sie an der Stelle, wo Bedarf gestorben war, ein schlichtes Birkenkreuz auf.

Zum 50. Jahrestag der Katastrophe hatte die Dorfbevölkerung das in die Jahre gekommene Birkenkreuz 2012 durch ein schlichtes Holzkreuz mit einer Plakette ersetzt, die an den mutigen Piloten erinnert, ausgetauscht. Am Kreuz, vor dem eine Schale mit Blumen steht, brennt ständig ein Grab-Licht. 

Zwei Ruhebänke laden zum Verweilen ein. Mitglieder des Bürgervereins kümmern sich regelmäßig darum, dass die Gedenkstätte in einem gepflegten Zustand bleibt. Auch vor dem 60. Jahrestag wird Ortsvorsteher Hans Dieter Schäfer mit einigen Krekelern den Platz vor dem Kreuz herrichten, wo am Sonntag, 2. Oktober, anlässlich des Ereignisses vor 60 Jahren eine kleine Gedenkfeier für den Piloten stattfinden wird.

„Auch wenn das Unglück schon 60 Jahre her ist, sind die Krekeler
dem mutigen Piloten noch immer dankbar“, berichtet Ortsvorsteher
Hans-Dieter Schäfer. „Wäre das Flugzeug in den Ort gestürzt, hätte es viele Tote gegeben“, ist sich Schäfer sicher. 

Der Ortsvorsteher kann auch 60 Jahre später sich genau an den Absturz erinnern. Als Siebenjähriger sei er mit den Eltern auf dem Feld gewesen, als die brennende Maschine mittags mit einem unheimlichen Lärm und in geringer Höhe auf Krekel zugeflogen sei.

Schäfer: „Man hätte fast mit der Hand danach greifen können“. Erst dann sei der Pilot ausgestiegen und Sekunden später sei die Maschine kurz hinter der Tankstelle Rupp im Wald explodiert.

Und auch der inzwischen verstorbene Krekeler Zeitzeuge Peter Pesch, der damals neun Jahre alt war und im Nachbarort Wahlen wohnte, erinnerte sich 2012 beim Gedenken anlässlich des 50.Jahrestage des tragischen Geschehens noch genau an diesen schwarzen Tag im  September 1962. Der Starfighter sei schon über Wahlen recht tief geflogen und habe eine pechschwarze Rauchfahne hinter sich hergezogen.

Mit einem Höllenlärm sei der Düsenjäger in Richtung Südwesten fliegend am Horizont verschwunden. Das Bild der brennenden Maschine habe sich tief ins Gedächtnis eingebrannt. „So etwas vergisst man nie“, so Peter Pesch damals.

Ein Kreuz im Krekeler Wald erinnert an den Absturz vor 50 Jahren. Ortsvorsteher Hans Dieter Schäfer (rechts) erinnert sich noch gut an den Riesenlärm, den das Flugzeug vor dem Absturz machte.

Von 916 Jets fielen 292 vom Himmel

Als der 26-jährige Oberleutnant Erik-Edgar Bedarf am 3. September 1962 mit  dem in Nörvenich stationierten Starfighter F-104 am Ortsrand von Krekel abstürzte, war das bereits die neunte Maschine dieses Typs, die innerhalb von 18 Monaten vom Himmel gefallen war. Bedarf war der sechste F-104-Pilot, der in diesem kurzen Zeitraum seit der Indienststellung des neuen Flugzeug-Typs den Tod fand. Viele weitere sollten folgen.

Unter dem damaligen Verteidigungsminister Franz Josef Strauß waren 1959 die Lieferverträge mit dem amerikanischen Rüstungskonzern Lockheed unterzeichnet worden, und schon 1961 fiel der erste Starfighter vom Himmel. Es begann eine Absturzserie, die in den Jahren 1965 und 1966 einen tragischen Höhepunkt erreichte: Mehr als 50 dieser F-104-Jets, die mehr einer Rakete als einem Flugzeug ähnelten, stürzten in diesen zwei Jahren ab.

Der Starfighter machte sich schon bald Namen als „Witwenmacher“, „fliegender Sarg“ und „Sargnagel“. An den Theken wurden Witze gemacht, wie man am schnellsten in den Besitz eines Starfighters kommt: Man kauft sich ein Grundstück und wartet ab. Über dem Kreis Euskirchen stürzten 1962 (Krekel), 1967 (Lommersum),  1974 (Zülpich), 1976 (Satzvey) und 1980 (Houverath) insgesamt fünf Starfighter ab.

Mit den Maschinen zerschellten auch die Träume der damaligen deutschen Verteidigungspolitiker Franz Josef Strauß und Kai Uwe von Hassel von einem optimalen Waffensystem. Die Bundeswehr kaufte insgesamt 916 Starfighter, von denen 292 (!) abstürzten. 116 F-104-Piloten (108 deutsche und acht amerikanische Soldaten) verloren ihr Leben, ehe 1991 zum letzten Mal ein Starfighter von deutschem Boden abhob.

(Reiner Züll)

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  • Reiner Züll
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