Kall – Monika Zahn aus Urft hatte es während der Flutnacht vom 14. auf den 15. Juli schwer erwischt. „Da denkt man, man wohnt auf einem Berg, und dann kommt das Wasser von allen Seiten angeschossen“, berichtete sie jetzt bei einem Gespräch mit Hermann-Josef Esser, Bürgermeister der Gemeinde Kall, auf dem ehemaligen Grillplatz „Auf dem Fels“ in Kall. Denn dort hat sie seit Weihnachten ein neues Zuhause in einem der zehn Tiny-Houses gefunden, die für schwer betroffene Flutopfer an drei Plätzen im Gemeindegebiet errichtet wurden.
Im Erdgeschoss ihres Hauses habe das Wasser in der Flutnacht einen Meter hoch gestanden, erzählte Monika Zahn. Starkregen sei von einer Wiese aus ins Haus gelaufen, während die Urft über die Ufer trat und bis zu ihr hinaufstieg: „Meine komplette Wohnung war zerstört, ich musste alles aufgeben.“ In der Not habe ihr schließlich das Jugendwaldheim in Urft geholfen, wo man ihr ein Zimmer zur Verfügung stellte. „Die Leute vom Forstamt waren unglaublich lieb und nett zu mir, ich hatte im Grunde genommen alles, was ich brauchte. Das Problem war nur, dass es sehr laut im Jugendwaldheim zuging.“ Denn bis zu 50 Kinder im Alter zwischen sieben und 14 Jahren seien jede Woche regelmäßig in der Einrichtung untergebracht gewesen.
„Ich habe dann die ganze Zeit über nach einer anderen Bleibe gesucht, aber es war unmöglich, eine Wohnung zu finden“, berichtete Monika Zahn weiter. Besonders dankbar sei sie für die Hilfe, die sie von allen Seiten bekommen habe. „Jeder, den ich um Hilfe bat, der hat mir auch geholfen“, zeigte sie sich noch immer tief beeindruckt von der großen Hilfsbereitschaft allerorten. Besonders der Gemeinde Kall sei sie dankbar. „Ich habe an einem Mittwoch meinen Antrag auf Soforthilfe gestellt und bereits am Freitag hatte mir die Gemeinde Geld auf mein Konto überwiesen“, freute sich die resolute Dame noch immer. „Schneller geht es nicht, und meine Wiederaufbauhilfe habe ich ebenfalls schon erhalten.“
Doch das größte Geschenk, das die Gemeinde Kall ihr gemacht habe, sei kurz vor dem Christfest die Bewilligung gewesen, in eines der zehn neuen Tiny Houses ziehen zu dürfen. „Das war das schönste Weihnachtsfest, das ich je erlebt habe“, freute sie sich noch immer. „Endlich hatte ich wieder ein Zuhause, wo ich die Tür hinter mir schließen konnte.“
Ermöglicht wurde das neue Zuhause durch das Hilfsbündnis „Aktion Deutschland Hilft“. „Die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland hat uns aus dem Fonds des Hilfsbündnisses bis zu einer Millionen Euro bereitgestellt, um zehn solcher Mobilwohnheime errichten zu können“, berichtete Bürgermeister Hermann-Josef Esser. Die kleinen Häuschen hätten eine Gesamtgröße von 35 Quadratmetern. Pro Wohneinheit ließen sich ein bis vier Personen unterbringen. Esser weiter: „Die Häuser verfügen über zwei Schlafräume mit jeweils zwei Betten, einer Toilette mit Dusche, einem Abstellraum, einer komplett ausgestatteten Küche mit offenem Wohnraum mit Sitzgelegenheit und Fernseher.“
Drei Standorte in der Gemeinde
„Der Bauhof der Gemeinde Kall hat in den vergangenen Wochen gemeinsam mit diversen Baufirmen und Versorgungsunternehmen die Erschließung der Wohnheime vorgenommen“, so Esser weiter. Es seien Strom-, Wasser- und Abwasserleitungen gelegt worden. Auch eine SAT-Schüssel für TV-Empfang habe man installiert. „Wir haben die zehn Häuser an drei Standorten in der Gemeinde aufgestellt. Neben dem Bereich »Auf dem Fels« sind weitere Häuser »Im Vogtpesch« und »Im Sträßchen« errichtet worden, die ebenfalls seit Anfang der Woche bezugsfertig sind.“ Der Bürgermeister lobte in diesem Zusammenhang besonders seinen Projektleiter Christoph Graf, der sich wochenlang intensiv um das Errichten der Mobilwohnheime gekümmert habe. „Seine eigentlichen Aufgaben wurden hintenangestellt, um das Projekt rasch umzusetzen“, so Esser.
„Die Arbeit war für mich nicht alltäglich“, gestand Graf, „und ich bin froh, dass mich so viele Leute bei der Umsetzung unterstützt haben.“ So hätte der Energieversorger gerade mal einen Tag benötigt, um die Stromanschlüsse zu legen: „Und da unser Bauhof noch immer mit der Reparatur von Flutschäden beschäftigt ist, hat die Gemeinde Nettersheim uns einfach unproblematisch ihre Bauhofmitarbeiter geschickt, um beim Aufbau der Häuser zu helfen.“
Der Bauhof der Gemeinde Kall errichtete darüber hinaus an allen drei Orten einen Waschcontainer. Bauhofleiter André Kaudel sorgte darüber hinaus dafür, dass für jede Wohneinheit eine separate Waschmaschine und ein separater Wäschetrockner zur Verfügung gestellt wurden.
„Vier Wohnheime konnten noch vor den Weihnachtstagen an Flutopfer übergeben werden. In den nächsten Tagen werden weitere betroffene Personen in ihre neue Bleibe ziehen“, sagte Markus Auel, Teamleiter des Bereiches Bauen und Liegenschaften. Auch eine überdachte Terrasse werde noch an jedes Haus installiert. „Aufgrund von Lieferengpässen war es dem Hersteller bislang allerdings noch nicht möglich, die Überdachung zu liefern“, erklärte Esser die Verzögerung.
Sobald die zehn Mobilwohnheime von den Flutopfern nicht mehr benötigt werden, plant die Gemeinde Kall diese anderen bedürftigen Personen zur Verfügung zu stellen.
„Die Flutopfer brauchen selbstverständlich keine Miete zahlen, sondern müssen nur die Betriebskosten entrichten“, informierte der Bürgermeister. Die Häuschen hätten jedes für sich eine postalisch vollwertige Adresse und bekämen in den nächsten Tagen noch Briefkästen. „Und die Zufahrt zum Standort »Auf dem Fels« bekommt noch eine neue Tragschicht“, versprach Projektleiter Christoph Graf.
Für Monika Zahn hat das allerdings keine große Dringlichkeit. Sie ist glücklich über ihr neues Zuhause und genießt besonders die schöne Aussicht über Kall. „Ich freue mich schon auf den Frühling“, sagte sie, „wenn die Bäume hier Blätter bekommen, dann muss es einfach herrlich sein, hier zu wohnen.“
Eifeler Presse Agentur/epa