Nach der Wahl zum „neuen Miteinander“ v. Mai 2014
Appell von Bürgermeister Herbert Radermacher an die neuen Gemeinderatsfraktionen – CDU holte zwei Mandate mehr als 2009 und kam auf zwölf Sitze, SPD bleibt konstant bei sieben Sitzen, die FDP verliert drei und bekommt fünf Mandate, die Grünen haben auch künftig drei Stimmen im Rat, die Linke eine
Kall - Mit einigen Überraschungen endete die Gemeinderatswahl in Kall. Die CDU errang 41,4 Prozent der abgegebenen Stimmen, exakt vier Prozent mehr als bei der Kommunalwahl vor fünf Jahren. Die SPD kam auf 24,6 Prozent, ebenfalls ein Zugewinn gegenüber 2009 um ein halbes Prozent. Die FDP verlor 11,1 Prozent gegenüber ihrem Rekordergebnis von 2009 (29,4 %), erreichte 18,3 Prozent und holte mit Hans Reiff im Wahlbezirk Scheven/Dottel/Wallenthal überraschend ein Direktmandat.
Die Grünen verteidigten ihr Ergebnis von 2009 (9,1 Prozent) und kamen auf 8,6 Prozent, Erstmals im Kaller Rat vertreten sein wird Die Linke, die auf 3,7 Prozent kam. Die CDU kam im 28köpfigen Kaller Gemeinderat auf zwölf Mandate, die SPD auf sieben, die FDP holte fünf Ratssitze und die Bündnis 90/Die Grünen drei.
Für die CDU zogen direkt Guido Keutgen, Ute Stolz, Uwe Schubinski, Stefan Kupp, Bert Spilles, Willi Frauenrath, Toni Mießeler, Peter Schmitz, Adolf Binger und Guido Wiesen sowie Petra Mey-Wirtz und Stephanie Sistig über die Reserveliste in den Rat ein. Die SPD wird von Emmanuel Kunz, Karl Vermöhlen und Kurt Bormann (Direktmandate) sowie Erhard Sohn, Daniela Züll, Norbert Schiffer und Karl Werle (Reserveliste) vertreten.
Die FDP wird von dem Direktmandatgewinner Hans Reiff sowie Dr. Manfred Wolter, Jörg Döhler, Franz Albert Groß und Bernd Klinkhammer vertreten, die über die Reserveliste einziehen. Elvira Scheuer, Ekkehard Fiebrich und Marion Engels stimmen im Rat für Bündnis 90/Die Grünen, Karl-Heinz Fiedlers für die Linkspartei.
Im Zentralort Kall gewann die CDU alle Direktmandate. Die SPD konnte ihre bisherigen sieben Sitze halten, während die FDP durch erhebliche Stimmenverluste Mandate verlor und nur noch mit fünf statt bisher acht Mandatsträgern vertreten ist. Die Grünen konnten ihre drei Mandate ebenfalls verteidigen, erstmals sind die Linken mit einem Sitz im neuen Rat vertreten.
„Bei der CDU herrschte im Rathaus, wo die Ergebnisse einliefen, den ganzen Abend über Hochstimmung, konnte sie doch ihre Ergebnisse in vielen Bezirken steigern“, schreibt der Kaller Redakteur Reiner Züll in seinem Bericht für die Agentur ProfiPress: „Für eine Überraschung sorgte der 22-jährige Emanuel Kunz, der im Wahlbezirk Golbach ein Direktmandat für die SPD holte.“
Im Wahlbezirk 12 Wahlen/Steinfelderheistert/Gillenberg unterlag der parteilose Einzelbewerber Ralf Klöckner dem CDU-Kandidaten Guido Wiesen knapp. Als Senkrechtstarter bei der CDU entpuppte sich Willi Frauenrath, der erstmals ins Rennen ging und mit einem Stimmenteil von 56,97 Prozent nicht nur das beste Ergebnis für die Union holte, sondern damit auch das Direktmandat im bisher von der SPD dominierten Wahlbezirk Kall VI gewann.
80 Zuschauer verfolgten Wahlverlauf im Rathaus
Im Sitzungssaal des Rathauses hatten sich gut 80 Zuschauer eingefunden, um den Einlauf der Wahlergebnisse aus den einzelnen Bezirken zu verfolgen. Kämmerer Michael Heller moderierte den Abend, mit Hilfe von zwei Beamern konnten die Zuschauer auf zwei Leinwänden verfolgen, wie die Wähler der Gemeinde Kall ihre Stimmen für die Europawahl, die Wahl des Kreistages und die des neuen Gemeinderates abgegeben hatten.
Zehn Mal gab es Applaus aus den Reigen der CDU-Anhänger, dreimal beim Anhang der SPD und einmal bei der Verkündung des Direktmandates von Hans Reiff bei der FDP. Es dauerte lange, ehe die Schnellmeldungen aus den letzten beiden Wahlbezirken, Sötenich und Wahlen, im Rathaus eingingen. Bis dahin hatte vor allem Guido Wiesen von der CDU zittern müssen, der in Wahlen gegen den Einzelbewerber Ralf Klöckner angetreten war. Der Jubel war groß, als das Ergebnis als letzte Meldung einlief und Wiesen als Gewinner feststand.
Im neuen Rat, der am 24. Juni zur konstituierenden Sitzung zusammenkommt, werden veränderte Mehrheiten herrschen. Die CDU gewann zwei Mandate hinzu, die FDP verlor drei Sitze. Erstmals dabei ist Die Linke mit Karl Heinz Fiedlers. Die absolute Mehrheit der Listengemeinschaft von SPD und FDP, die bisher im 28-köpfigen Rat über 15 Mandate verfügte, ist damit mathematisch nicht mehr vorhanden. Reiner Züll schreibt: „Die Grünen könnten in Zukunft womöglich das Zünglein an der Waage sein.“
Ute Stolz vertritt Gemeinde Kall auch künftig im Kreistag
Noch während der Präsentation der Wahlergebnisse bedankte sich Bürgermeister Herbert Radermacher beim Rathauspersonal und allen Wahlhelfern für ihren Einsatz am Wahlsonntag. Den bis dahin direkt Gewählten gratulierte Radermacher: „Es werden neue Gesichter und auch alte im Rat vertreten sein. Ich denke, es wird und es muss wieder in der Kaller Politik ein Miteinander werden, damit Kall wieder führend wird“.
Das Direktmandat im Euskirchener Kreistag für die Gemeinde Kall errang einmal mehr Ute Stolz (CDU). Sie errang 42,9 Prozent der Wählerstimmen – nach 39,3 Prozent bei der Kreistagswahl 2009.
pp/Agentur ProfiPress
Zurück zu den Kaller Wurzeln v. Juni 2014
Neue Broschüre zu jüdischen Familien, die einmal in Kall gelebt haben – Rolf Künstlicher reiste auf Einladung der HJK-Schülerin Annika Schmitz eigens aus Schweden an – Kaller Journalist Bernd Kehren stellte vor über zehn Jahren ersten Kontakt zur Familie her
Kall – Eine neue Broschüre der Kaller Stolperstein-Gruppe macht jetzt das Leben der jüdischen Familien, die einst in Kall gelebt haben, wieder ein bisschen „lebendig“. Vorgestellt wurde die Publikation zum Schicksal der Familien jetzt im Kaller Kulturraum, musikalisch begleite Rolly Brings die Veranstaltung.
Eigens aus Schweden angereist war Rolf Künstlicher. Der Stockholmer berichtete ebenso offen wie bewegend über das Schicksal seiner Familie. Seine Mutter Esther Nolting hatte Kall auf der Flucht vor dem nationalsozialistischen Regime verlassen.
Rolf Künstlicher kontaktiert hatte Annika Schmitz, eine Schülerin des Steinfelder Salvatorianer-Gymnasiums Hermann Josef Kolleg, das an den Recherchen zur jüdischen Geschichte in Kall beteiligt war. Er erinnerte sich an den Moment: „Ich war überrascht und stark berührt.“ Die Schülerin habe nach Informationen über seine Familie gefragt. „Es war, als wäre die Familie wiedergeboren“, so der Stockholmer. Auch die Arbeit der Kaller Stolperstein-Gruppe habe ihm sehr imponiert. „Durch diese Arbeit habe ich die Familie meiner Mutter und meiner Verwandtschaft zu sehen bekommen.“ Künstlicher konnte so erahnen, wie das jüdische Leben in Kall vor dem Krieg war. „Die Trauerarbeit, die hier in Kall und in Deutschland ausgeführt wird, ist einmalig in Europa“, meinte Rolf Künstlicher.
Ein großer Teil von Rolf Künstlichers Verwandtschaft lebte in Kall. Seine Großmutter Hedwig Nolting wurde im Konzentrationslager ermordet. Getötet wurden auch seine Tanten Ella und Ruth sowie sein Onkel Norbert. Seine Mutter überlebte den Holocaust. Mit 14 Jahren verließ sie ihr Elternhaus. Durch eine jüdische Jugendbewegung kam sie mit 15 Jahren auf einen Bauernhof in Dänemark. Als die Nationalsozialisten 1943 in Dänemark mit der sogenannten „Judenaktion“ begannen, gelang ihr mithilfe der dänischen Widerstandsbewegung die Flucht nach Schweden.
Hier lernte sie ihren späteren Mann, den aus Frankfurt stammenden Juden Erich Künstlicher kennen. Esther Künstlicher kam nach dem Krieg mehrmals nach Kall und wurde im Oktober 2001 vom damaligen Bürgermeister Hans Kaiser im Kaller Rathaus empfangen. Ebenfalls besuchte sie das Grab ihres Großvaters Nathan Nathan auf dem jüdischen Friedhof in Kall. Erstmals zustande gekommen war der Kontakt aufgrund der damaligen Recherchen des Kaller Journalisten Bernd Kehren, der die Familien in Schweden ausfindig gemacht hatte.
„Meine Mutter hatte in Schweden ein gutes Leben“, sagte Rolf Künstlicher. Die Wurzeln seiner Mutter in Kall seien auch seine eigenen Wurzeln. „Die Erfahrungen und Erlebnisse haben ihr Leben geprägt und beeinflusst, ohne dass sie gewusst hat wie“, so Künstlicher im Kaller Kulturraum und ergänzte: „Was für sie nicht erkennbar war, wurde für mich unbegreiflich und hat eben deshalb tiefe Spuren in mir hinterlassen.“
Die Familie Nathan-Nolting gibt es heute in Kall nicht mehr. Rolf Künstlicher: „Das sind Fakten, die wir akzeptieren müssen, und über die wir trauern können.“ Die Arbeit der Kaller Stolperstein-Gruppe helfe, damit umzugehen.
pp/Agentur ProfiPress